Medienzentrum von der Seite

Projektbeschreibung

Medienzentrum Lauenburg

 

1 | Vorgaben für die Planung

Die Stadt Lauenburg/Elbe plant die Umnutzung eines ehemaligen Hotels für die Stadtbücherei und das
Stadtarchiv von Lauenburg/Elbe.
Das Baugrundstück mit einer Fläche von 1.500 m² befindet sich in der Alten Wache 8 in 21481 Lauenburg/Elbe.

Im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ und des vorliegenden, mit der Programmbehörde abgestimmten, Integrierten Entwicklungskonzepts sind der Umbau und die Sanierung der Gebäude für die (Nach-)Nutzung durch Stadtbücherei und Stadtarchiv als ein wichtiger Baustein, Anziehungspunkt sowie „Frequenzbringer“ zur Revitalisierung und nachhaltigen Entwicklung der Oberstadt zu sehen. Das Gebäude hat als einziges Bauwerk mit historischem Bezug im Innenstadtumfeld ein Alleinstellungsmerkmal und soll gleichzeitig für die Anforderungen einer modernen Nutzung als Medienzentrum unter dem Aspekt der Digitalisierung in die heutige Zeit transformiert werden.

Nutzung

  • Zusammenführung von Stadtbücherei und Stadtarchiv
  • Stadtbücherei mit Zielbestand von ca. 20.000 ME auf einer Fläche von ca. 600 m².
  • Stadtarchiv mit 300 m² Magazinfläche (Rollregale)
  • Café

Erfordernisse für die Modernisierung

  • Neustrukturierung und Flächenoptimierung des Bestandes
  • Bauphysikalische und Schallschutztechnische Ertüchtigungen der Bestandsbauten
  • Aufwertung der zentralen Bereiche durch Neuordnung, Nutzungsänderung und Neubau
  • Barrierefreiheit

Ziel-Aspekte

  • Stärkung des zentralen innerörtlichen Quartiers
  • Wichtiger Baustein zur Revitalisierung der Innenstadt
  • Verbesserungen in der Verbindung zwischen der Ober- und der Unterstadt
  • Einbindung in die städtebauliche Struktur
  • Nichtkommerzieller Raum für Bürgerinnen, Bürger und Touristen
  • Digitaler Knotenpunkt, Ort des Austauschs
  • Bücherei als Dritter-Ort und damit als unmittelbarer Beitrag zur Stadtentwicklung
  • Nutzung der Bücherei auch außerhalb der Öffnungszeiten / Zutritt mit Büchereikarte (24/7)
  • Haupteingang direkt vom „Lütten Markt“
  • Nähe zum Wochenmarkt, Laufkundschaft und Verweildauer durch Wochenmarkt und Café
  • Bauliche und gestalterische Aufwertung von Straßen, Plätzen und Freiräumen

2 | Entwurfskonzept

Das Grundstück befindet sich im Sanierungsgebiet „Ortskern Oberstadt“.
Übergeordnetes Ziel einer städtebaulichen Sanierung ist die Behebung vorhandener städtebaulicher,
funktionaler, sozialer und struktureller Missstände im Bereich der Oberstadt. Das hier dargestellte Leitbild sowie die allgemeinen Entwicklungsziele leiten sich aus den im Ortskern festgestellten Missständen, Mängeln und Konflikten und der Möglichkeit ihrer Beseitigung ab.
Die städtebauliche und funktionale Erneuerung im Sanierungsgebiet ist sowohl für dieses selbst, wie
auch für dessen räumliches Umfeld und die gesamte Stadt Lauenburg/Elbe von großer Bedeutung.

Das mehrfach erweiterte Bestandsgebäude besteht aus drei Gebäudeteilen. Ein zweigeschossiger Fachwerkbau mit Kurzwalmdach ist traufseitig zur Straße „Alte Wache“ ausgerichtet. Dessen Südfassade wurde massiv gemauert und die historische Fassade nicht fachgerecht verputzt. Die Stirnseiten und die Rückseite sind Fachwerkkonstruktionen, an der Westseite im Obergeschoss wurde diese nachträglich verschiefert.
An der Nordseite schließt sich ein zweigeschossiger Fachwerkbau mit Walmdach aus dem 18. / 19. Jahrhundert an.
Der dritte Gebäudeteil ist ein deutlich höheres Saalgebäude, das als eingeschossiger Backsteinbau mit flachem Satteldach Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Die rückwärtigen Gebäude sind traufständig zum „Lütten Markt“ ausgerichtet. An allen Seiten der Rückgebäude befinden sich weitere kleine Backsteinanbauten.

Der Gebäudekomplex ist das einzig verbliebene historische Gebäude im Bereich der „Alten Wache“. Es wurde 1850 als „Gasthof zum Adler“ neu errichtet und ab 1891 bis in die 80er Jahre als Hotel „Stappenbeck“ genutzt. Es steht nicht mehr unter Denkmalschutz. Nach mehreren Umbauten wurde der Denkmalwert im Jahr 2000 aufgehoben. Seitdem erfährt der Bau wechselnde Nutzungen durch städtische und private Institutionen. Nach der Revision der Denkmalliste von Lauenburg/Elbe hat das Bauwerk zurzeit den Status „für die Liste vorgesehen“.

Die drei Gebäudeteile wurden in Hinblick auf eine nachhaltige Sanierung betrachtet und bewertet.
Historisch und baukulturell wertvoll ist das ehemalige Hotel zur Straße „Alte Wache“, sowie das rückwärtige Saalgebäude. Der Mittelbau weist mit marodem Fachwerk und erheblichen Verformungen der Konstruktion augenscheinlich die schlechteste Bausubstanz auf und ist hingegen stark sanierungsbedürftig. Ein mangelhafter Zustand der Gebäudesubstanz wirkt sich sowohl negativ auf die Nutzung des Gebäudes, als auch auf das Stadtbild insgesamt aus. Beide Faktoren tragen zum weiteren Funktionsverlust und damit auch zum weiteren Verfall der Gebäudesubstanz bei.

Um die spezifischen Anforderungen an eine moderne Stadtbücherei und Stadtarchiv gerecht zu werden kann der Mittelbau auch nach Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen nicht hinreichend den räumlichen und statischen Notwendigkeiten genügen.
Zusätzlich ist eine Sanierung des Gebäudeteils, hinsichtlich der Nutzung als Stadtarchiv wirtschaftlich nicht vertretbar.

Aufgrund des schlechten baulichen Zustands, unattraktiver Gestaltung sowie nicht zeitgemäßer Grundrissaufteilungen ist an dieser Stelle ein Neubau sinnvoll und notwendig.

3 | Bauliche Maßnahmen

3.1. Äußere Struktur

Der Neubau soll als Zentrum des neu geschaffenen öffentlichen Gebäudeensembles die repräsentative Funktion des Haupteingangs übernehmen sowie in den Obergeschossen die Anforderungen an ein modernes, klimatisiertes, durch hohe Deckentraglasten geprägtes, fensterloses Archiv („Black Box“) erfüllen. Der neue Baukörper soll sich als klare Kubatur durch entsprechende Materialität sowie einem typischen geneigten Dach in den historischen Kontext einfügen. Gleichzeitig schafft er neue räumliche Werte durch die Aufwertung der Twiete sowie als neues, offenes und einladendes „Gesicht“ zum Lütten Markt und über das Schlossensemble zur Altstadt. In Anlehnung an die Grundfläche des heutigen Mittelbaus wird die Neubaukubatur entwickelt. Durch Einsatz eines einheitlichen Materials von Dach und Fassade gehen diese beinahe ansatzlos ineinander über. Eine Architektursprache mit einzelnen großzügigen Öffnungen in der Fassade verleiht dem Bauwerk eine klare Haltung und auf den zweiten Blick eine stadträumliche Wirkung die sich positiv auf das Umfeld auswirkt.

Die Bestandsgebäude bleiben in Ihrer Grundgestalt erhalten. Durch wenige, gezielt gesetzte neue Fensteröffnungen wird eine spannungsvolle Lichtführung mit neuen Ausblicken geplant. Oberlichter sorgen für eine helle Atmosphäre mit hohem Tageslichtanteil.
Ein lichtdurchfluteter Saal als neues, öffentliches „Wohnzimmer“ für die Stadt ist das Leitbild. An der Giebelfassade des Bühnenturms wird als zweiter baulicher Rettungsweg eine leichte Treppenkonstruktion geplant.

Die straßenseitige Fassade des ehemaligen Hotels wird vom derzeit glatten, nachträglichem Putzauftrag befreit und die Grundstruktur der profilierten historischen Putzfassade wiederhergestellt. Die Außenraumgestaltung der kleinen Twiete an der östlichen Giebelfassade schafft eine direkte Verbindung zum Neubau und sichert den direkten Ausgang vom neuen Treppenhaus ins Freie.

Die Zugänglichkeit und Anbindung der Platzsituation zur alten Wache ist Bestandteil des Gesamtkonzeptes.

3.2 Innere Struktur

Auch die innere Struktur gliedert sich, wie außen ablesbar, in drei Bereiche. Das neue Eingangs- und Archivgebäude fungiert als Gelenk und Verteilerzone zwischen den beiden Bestandsgebäuden. Im Haupteingangsbereich sind neben Empfang und Infopoints die Garderobe, WC´s sowie kleinere Lager angeordnet. Eine skulpturale Freitreppe, angeordnet in einem mehrgeschossigen Luftraum erschließt das 1. und 2. Obergeschoss. Hier befinden sich im Bestandsgebäude an der Alten Wache die Büro-, Sozial- und Besprechungsräume der Stadtbücherei, ein Schulungsraum sowie das Büro des Archivars mit angeschlossenem Leseraum für das Publikum.
Als „Blackbox“ ablesbar befindet sich das Stadtarchiv im 1. und 2. Obergeschoss des Neubaus. Die Anordnung im Neubau stellt sicher, dass die hohen spezifischen Anforderungen an die Archivnutzung, wie Klimatisierung und statische Belage für die Aufstellung von Rollregalen optimal erfüllt werden können.
Ein abgeschlossener Treppenraum erschließt zusätzlich alle Geschosse des Neubaus und des Vorderhauses.

Der Saalbau wird in seiner grundsätzlichen räumlichen Struktur erhalten. Die Außenwände werden innenseitig neu gedämmt und erhalten umlaufende Bücherregale. Der überhöhte Teil des Saales wird frei gestaltet, er ist der neue Begegnungsraum und Treffpunkt der Stadtbücherei und steht flexibel für verschiedene Nutzungen wie z.B. Leseraum, Veranstaltungsort oder Makerspace zur Verfügung. Der alte Bühnenturm wird auf drei Ebenen bespielt und bietet Rückzugsorte zum Lesen und Lernen. Über einen neuen Aufzug, der abgelöst frei im Saal steht, sind auch die Nutzungen im Turm barrierefrei erreichbar. Versetzte Treppenläufe erschließen die frei in den Turm eingehängten Ebenen, spannende schmale Lufträume ermöglichen geschossübergreifende Blickbeziehungen.

Zusätzlich bleibt der historische Eingang des Vorderhauses an der Alten Wache bestehen, über den das Café erreicht wird.
Das Café befindet sich im Erdgeschoss an der Alten Wache und knüpft an vergangene Zeiten in denen Caféhaustische den Straßenrand säumten. Neben dem separaten Eingang wird auch eine direkte Verbindung zur Bücherei vorgesehen. Die barrierefreie Erschließung erfolgt hier.
Die Geschosshöhen des Bestandes sind maßgeblich für den Neubau und schaffen somit eine barrierefreie Verbindung auf allen Ebenen. Im Obergeschoss im Bestandsbau zur alten Wache ist der von Stadtbücherei und Stadtarchiv gemeinsam genutzte Verwaltungsbereich angeordnet.

3.3 Statik

Nach Inaugenscheinnahme des straßenseitigen Fachwerkbaus und im Hinblick auf die Nutzungsänderung zu Büronutzung wird die vorhandene Tragstruktur als ausreichend befunden. Der rückwertige eingeschossige Backsteinbau ist ebenfalls in seiner statischen Beschaffenheit hinreichend. Die neuen Geschossebenen im Turmgebäude erhalten eine neue eigene Tragstruktur und Neugründung. Der Neubau wird entsprechend der Lasten für eine Archivnutzung dimensioniert und in Massivbauweise ausgeführt.

3.4 Rettungswege und Brandschutz

Der erste und zweite Rettungsweg des eingeschossigen Saalgebäudes wird über Ausgänge direkt ins Freie sichergestellt. Das angrenzende Turmgebäude erhält zwei bauliche Rettungswege, davon führt der 1. Rettungsweg über eine neue Außentreppe direkt ins Freie.
Die Obergeschosse des Vorderhauses zur Alten Wache sowie die Archivräume im Neubau verfügen ebenfalls über zwei bauliche Rettungswege. Der 1. Rettungsweg wird über einen notwendigen, abgeschlossenen Treppenraum erdgeschossig ins Freie geführt.

3.5 Barrierefreiheit

Das gesamte Gebäude wird gemäß DIN 18040 Teil 1 barrierefrei gestaltet.

3.6 Stadtbücherei

„Die “Bibliothek“ [griechisch »Bücherbehältnis« beziehungsweise »-ablage«] steht für jede planvoll angelegte, geordnete und benutzbare Sammlung von handschriftlichen oder gedruckten Büchern (oft ergänzt durch weitere gedruckte Publikationsformen), die zudem analoge und digitale Medienarten (Medien) umfassen kann.“ [Brockhaus]

Seit einigen Jahren ist ein enormer Wandel im Bibliothekswesen zu spüren: Bibliotheken sind mehr als nur Bücheraufbewahrungsstätten. Es werden neben den analogen Medien vermehrt digitale Medien angeboten, sei es durch eine Online-Plattform oder auch durch Datenbanken, auf die Bibliotheksnutzer zugreifen können. „Als Ort des Austauschs und ganz wörtlich des Tauschs von Medien sind sie modern und ressourcenschonend“ [Umblättern: Ein neues Kapitel für die Bibliotheken in Schleswig-Holstein. Ein Eckpunktepapier für das neue Bibliotheksgesetz. Ministerium für Justiz, Kultur und Europa. Kiel, 2015].

Zugleich sind Bibliotheken aber auch inspirierende Orte der Begegnung, Lern- und Freizeiträume, Medienplaza und Wissensagora [frei zitiert nach Wolfram Henning: Öffentliche Bibliotheken der Zukunft. Berlin, 2009].
Somit sind Bibliotheken für die Menschen Orte, in denen man sich gerne aufhält, Leute trifft, sich austauscht, lernt und Neues entdecken kann. Dieser Ort muss niederschwellig und leicht zugänglich sein, die Möglichkeit bieten, sich hier länger aufzuhalten, familienfreundlich sein.

In Lauenburg ist die Stadt- und Schulbücherei der erste Anlaufpunkt für Bevölkerungsgruppen jeden Alters, wenn es um Medienkompetenz geht. Sie ist ein lebendiger Ort, mit den Bürgerinnen und Bürger online und offline verbunden, und vor allem ein Wohlfühlort.

Aufgrund der Förderung durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein wurde der Digitale Knoten in der Stadt- und Schulbücherei Lauenburg eingerichtet. Die Arbeit des hierfür eingestellten Medienpädagogen ist zum einen wegweisend für Schleswig-Holsteins Bibliothekswelt, zum anderen ein Angebot für alle Menschen in Lauenburg/ Elbe, unabhängig davon, ob ein Bibliotheksausweis vorhanden ist. Dank dieser Förderung werden Sprechstunden, Kurse und Workshops angeboten, die die unterschiedlichsten Zielgruppen (vom Kindergartenkind bis zum Senior) erreichen. Im 2018 neu eingerichteten digitalen tüd3l.eck können Fotos, Dias, Negative, Videofilme digitalisiert werden, es gibt einen 3D-Drucker, eine digitale Stickmaschine, einen Laser-Gravierer und eine VR-Brille. App-gesteuerte Roboter ergänzen das Angebot. Die Aufenthaltsqualität wird gefördert durch Sessel, Hörsessel und eine Gaming-Lounge. Sie tragen dazu bei, dass hier kommuniziert, gespielt und gelesen wird.

Der Umzug der Stadt- und Schulbücherei an den Lütten Markt in die Innenstadt hat den Vorteil, dass die Bücherei als Ort für alle wahrgenommen wird.
Der Standort im ehemaligen Hotel Stappenbeck bietet neben einer größeren Fläche für die mittlerweile notwendigen Angebote und Anforderungen die Möglichkeit die Bücherei und das Archiv zu einem Kulturzentrum auszubauen. Hier können sich alle Generationen in einem nicht-kommerziellen Raum treffen, der hier in angenehmer und entspannter Atmosphäre genutzt werden kann. Damit ist dieses Kulturzentrum ein Angebot der Stadt Lauenburg/ Elbe, das die soziale Integration im Quartier fördert. Ein weiterer Pluspunkt ist die entstehende räumliche Nähe von Bücherei und Archiv, wodurch sich die Zusammenarbeit künftig einfacher gestalten lässt.
Was für den neuen Bücherei-Standort Stappenbeck ebenfalls spricht, ist die Möglichkeit der 24/7-Bücherei. Hier kann etwas realisiert werden, was am Standort Weingarten durch den gemeinsamen Eingang von Bücherei/Schule nicht durchführbar ist: den Kunden den Zutritt zur Bücherei auch außerhalb der Öffnungszeiten zu gewähren.

3.7 Stadtarchiv

Die Generalversammlung der UNESCO hat 2011 eine „Weltweite allgemeine Erklärung über Archive“ angenommen, die der Internationale Archivrat (International Council on Archives, ICA) verfasst hat und die folgendermaßen grundsätzlich die Funktion und den Wert von Archiven in einer Gesellschaft beschreibt:

„Archive dokumentieren und bewahren Entscheidungen, Handlungen und Erinnerungen. Archive stellen ein einzigartiges, unersetzliches kulturelles Erbe dar, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Archivgut wird von seiner Entstehung an so verwaltet, dass sein Wert und seine Aussagekraft erhalten bleiben. Als zuverlässige Informationsquelle stärkt Archivgut rechenschaftsfähiges und transparentes Verwaltungshandeln. Die Archive spielen eine wesentliche Rolle für die gesellschaftliche Entwicklung, da sie das individuelle und das kollektive Gedächtnis sichern und unterstützen. Der freie Zugang zu Archiven bereichert unser Wissen über die menschliche Gesellschaft, fördert die Demokratie, schützt die Bürgerrechte und verbessert die Lebensqualität.“

Den rechtlichen Rahmen für das Archivwesen in Schleswig-Holstein bildet das 1992 verabschiedete Landesarchivgesetz (LArchG), das im Grundsatzparagraph 1 wiederum definitorisch festhält:

„Öffentliche Archive dienen der Forschung und Bildung, der Verwaltung und Rechtssicherung und ermöglichen die Auseinandersetzung mit Geschichte, Kultur und Politik. Sie schützen das öffentliche Archivgut gegen Vernichtung und Zersplitterung und sind der Öffentlichkeit für die Nutzung zugänglich. Sie bilden das öffentliche Gedächtnis eines Landes.“

Nach diesen Maximen wird auch das 1987 eröffnete Lauenburger Stadtarchiv im Rahmen einer Archivgemeinschaft mit der Stadt Schwarzenbek, der Gemeinde Wentorf bei Hamburg und dem Amt Hohe Elbgeest betreut. Das Ziel zeitgemäßer Archivarbeit ist es auch hier, durch die Bewahrung, Bereitstellung und Vermittlung von historischem Wissen über die Stadt und die Entwicklungen, die zu ihrer heutigen Ausprägung geführt haben, einen Beitrag zu lokaler Identifikation und lokalem Zusammenhalt zu leisten. Insbesondere ist es in wieder stärker geschichtspolitisch umstrittenen Zeiten wichtig, mit belegbaren Fakten zu argumentieren, um gefährlichen, missbräuchlichen Deutungen der Vergangenheit wirksam entgegenzutreten.
Innerhalb der Archivgemeinschaft ist das Stadtarchiv in Lauenburg ein vergleichsweise üppig bestücktes und rege frequentiertes Archiv. Das Stadtarchiv verwahrt annähernd 10.000 Archivalien. In den Kalenderjahren 2016 bis 2018 gab es jeweils über 300 Nutzungen, d.h. schriftliche und telefonische Anfragen oder persönliche Besuche im Archiv.
Hinter diesen Zahlen verbergen sich vielfältige Anliegen, in denen das Stadtarchiv um Mithilfe gebeten wird:
Verwaltungsintern sind dies etwa Auskünfte oder andere Formen der Zusammenarbeit mit dem Standesamt, dem Stadtentwicklungsamt oder dem Bürgerservice. Regelmäßig leistet das Stadtarchiv zudem Unterstützung für die Denkmalschutzstellen des Landkreises und trägt auf diese Weise zur Erhaltung und zum behutsamen Umgang mit der bedeutenden historischen Bausubstanz Lauenburgs bei.

In den vergangenen Jahren sind im Stadtarchiv immer wieder Anfragen aus den Medien (Presse, Fernsehen, Hörfunk), aus Projekten des Lauenburger Künstlerhauses und von den Stadtführerinnen und Stadtführern bearbeitet worden, dazu sind wiederholt wissenschaftliche Arbeiten mit Archivmaterial unterstützt worden. Nicht nur in Lauenburg sind des Weiteren Hobbyhistorikerinnen und –historiker und Familienforschende eine wesentliche Zielgruppe – und keineswegs nur auf die Stadt selbst beschränkt: Als Auswahl seien aus dem letzten Jahresverlauf Anfragen aus Australien, Chile, Frankreich und Schweden genannt.

Die Stadt Lauenburg hat im regionalen Vergleich verhältnismäßig früh weiträumiger vernetzte Wirtschaftszweige und Gewerbe entwickelt – beispielsweise in der Binnenschifffahrt, im Schiffbau oder in der Zündholzindustrie. Demographisch hat das zu einer erhöhten Fluktuation und Mobilität geführt, so dass überregional sich viele Menschen und Familien mit der Stadt verbunden fühlen und sich für sie interessieren. Das zeigt sich öfters im Gespräch mit Nutzerinnen und Nutzern im Archiv, die nicht nur aus dem Kreis, aus Schleswig-Holstein oder Hamburg, sondern teilweise auch aus entfernteren Regionen der Bundesrepublik anreisen. Dabei zeigt sich, dass sie Archivreisen gleichzeitig für Besichtigungen und andere touristische Aktivitäten in der Stadt nutzen.
Mit all den genannten Nutzungen trägt somit auch das Stadtarchiv zur Öffentlichkeitsarbeit, zur Wahrnehmung der Stadt im überregionalen Kontext bei und hat einen gewissen Werbeeffekt.

Im derzeit genutzten Gebäude ist aus archivfachlicher Hinsicht darauf hinzuweisen, dass in dem sehr alten Gebäude mit seiner technischen Ausstattung eine beispielsweise raumklimatisch angemessene Lagerung und damit Erhaltung der bis in das 17. Jahrhundert zurückreichenden Archivalien nicht mehr problemlos zu gewährleisten ist. Verluste durch Schäden wären hier historisch außerordentlich bedauernswert.
In Anbetracht der noch sehr großen Mengen an Akten, die aus der Altregistratur der Stadtverwaltung bereits fristkonform an das Stadtarchiv abgegeben werden könnten und sollten, ist das derzeitige Archivgebäude auch räumlich nicht mehr ausreichend.

Bereits aus Platzgründen und technischen Gründen wäre eine Verlagerung des Stadtarchivs an den Standort Stappenbeck ideal, da hier die vorhandenen und die zu erwartenden Bestände in günstigem Raumzuschnitt und sicherer sowie klimatisch abgestimmt untergebracht werden könnten.
Darüber hinaus bedeutete die Schaffung eines gemeinsamen Bildungs- und Kulturzentrums aus Stadtbücherei und Stadtarchiv eine signifikante Aufwertung und Belebung des Standorts in der oberstädtischen Innenstadt. Dazu könnte auch das Archiv mit seinem regelmäßigen Publikumsverkehr beitragen – Gelegenheiten schaffen, die weiteren kommerziellen oder gastronomischen Angebote in der Umgebung zu nutzen.
Vorteilhaft wäre die angedachte bauliche Verbindung des Stadtarchivs mit der Bücherei und einem Café. Nutzerinnen und Nutzer könnten die Besuche miteinander kombinieren, sinnvoll zwischen den Institutionen verwiesen werden und ergänzende Auskünfte erhalten; auch aus der Archivnutzung würde sich Nachfrage für ein gastronomisches Angebot im Haus ergeben. Baulich sinnvoll und effizient ist zudem die mögliche Mehrfachnutzung der Infrastruktur am Standort durch Bücherei und Archiv, etwa der Sozial- und Sanitärräume sowie von möglichen Schulungs- und Veranstaltungsräumen.

3.8 Café

Damit sich die künftigen Gäste der Bücherei wie zu Hause fühlen, ist ein Café innerhalb des Ensembles geplant, das von einem ortsansässigen Gastronom betrieben werden soll. Die Möglichkeit, im Zuge des Archivbesuchs eine kleine (Lese-)Pause einzulegen, ergibt sich derzeit im unmittelbaren Verwaltungsumfeld am Amtsplatz schließlich kaum bis gar nicht.
Gerade für längere Aufenthalte in dem Archiv sollte ein Gastronomieangebot geschaffen werden, um den kleinen Hunger zwischendurch zu stillen. Abgesehen vom Archivbesuch bieten Cafés einen Raum für Begegnung und Austausch und zeugt somit von Vitalität. Büchereien werden zunehmend zu dritten Orten transformiert und werden zu gesellschaftlichen Treffpunkten der Stadt. Das Café ist während der Öffnungszeiten der Bücherei offen für alle und hat zum Ziel, interkulturelle Kommunikation zu ermöglichen und damit einen integrativen Beitrag zu leisten. Gemeinsamkeiten können entdeckt werden, und Unterschiede sollen die Neugier gegenseitig anregen. Nur so kann ein gutes Miteinander auch langfristig gelingen und helfen, ehrlich zu bleiben und Urteilen vorzubeugen.

Darüber hinaus könnte das Café als Türöffner zur Stadtbücherei fungieren und Menschen, die bisher noch nicht viele Berührungspunkte mit der Bibliothek hatten, dazu bewegen, einmal reinzuschauen.

Lauenburg/Elbe, 13. März 2020

 

Reinhard Nieberg
Amtsleiter

 

 

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